22. Juni 2022

Günstig und verfügbar: das enorme Potenzial der Solarenergie

| von Dr. Léonore Hälg

Auf dem Weg in Richtung Netto-Null-Schweiz spielt die Elektrifizierung − insbesondere im Verkehrs- und Gebäudesektor − eine wichtige Rolle: Benzin- und dieselbetriebene Fahrzeuge müssen durch Elektromobilität ersetzt werden, Öl- und Gasheizungen grösstenteils durch Wärmepumpen. Damit das gelingt, müssen wir die inländische Stromproduktion aus erneuerbaren Energiequellen ausbauen. 

Untenstehende Grafik zeigt, wie sich der Bund gemäss den Energieperspektiven 2050+ die erneuerbare Stromversorgung im Jahr 2050 im Vergleich zum Jahr 2020 vorstellt. Wasserkraft spielt dabei wie bereits heute eine grosse Rolle. Ihr Ausbaupotenzial ist aber klein, da viele Gewässer schon für die Stromproduktion genutzt werden. Das Potenzial der Windkraft ist in der Schweiz ebenfalls beschränkt. Ein massiver Ausbau ist hingegen in der Solarenergie vorgesehen. Die Jahresproduktion soll hier von aktuell 3 auf 34 TWh im Jahr 2050 steigen.

 

Stromproduktion der Schweiz in den Jahren 2020 und 2050 nach Produktionsart*

Dies bedingt, dass ein grosser Teil der geeigneten Dachflächen, Fassaden und Infrastrukturbauten mit Solar-Modulen bedeckt ist. Neuste Untersuchungen zeigen, dass sich rund 40 Prozent der Dachflächen von Schweizer Gebäuden für die Installation einer Solaranlage eignen. Allein damit könnten jährlich 52 TWh Solarstrom generiert werden. Das entspricht fast dem gesamten Stromverbrauch der Schweiz im Jahr 2021. Zusätzlichen Strom können Solaranlagen ausserhalb von Gebäuden liefern. Dazu gehören Solarmodule an Fassaden, über Parkplätzen, Perrons und Strassen, auf Treibhäusern sowie in kleinem Mass auf Freiflächen im Gebirge oder im Flachland.

Die Solarenergie ist heute schon die billigste Art, Strom zu produzieren. Trotzdem braucht es dringend zusätzliche Massnahmen, damit genügend Gebäude innert nützlicher Frist mit Solar-Modulen ausgestattet werden. Hierzu gehören Massnahmen, welche die Wirtschaftlichkeit der Anlagen sicherstellen, sowie ein Solarstandard, der die Installation von Solar-Modulen bei Dachsanierungen vorschreibt. 

Die Stromproduktion mittels Solar- und Windenergie ist wetterabhängig. Die Stromnachfrage in der Nacht und an bewölkten, windlosen Tagen kann jedoch durch die existierenden Speicherwasserkraftwerke und – wo nötig – durch zusätzliche Batteriespeicher abgedeckt werden. Ausserdem können smarte Systeme mit flexiblen Strompreisen die Endkunden dazu anregen, den Strom vor allem dann zu verbrauchen, wenn gerade viel produziert wird. 

Die Deckung des inländischen Energiebedarfs mit erneuerbaren Energien ist technisch und wirtschaftlich machbar. Entscheidend ist der massive Ausbau der Solarenergie in Kombination mit anderen Technologien, die zu unterschiedlichen Tages- und Jahreszeiten genügend Energie liefern können. Die Politik muss nun effektive Massnahmen umsetzen, damit der steigende Strombedarf bis 2050 vollständig mit erneuerbarer Energie gedeckt werden kann.

Dr. Léonore Hälg hat an der ETH Zürich und der ZHAW zu Energiepolitik geforscht und co-leitet heute den Fachbereich für Klima und erneuerbare Energien bei der Schweizerischen Energie-Stiftung SES.

* Daten für das Jahr 2020: BFE (2021). Schweizerische Elektrizitätsstatistik 2020; BFE (2021). Schweizerische Statistik der Erneuerbaren Energien – Ausgabe 2020. Daten für das Jahr 2050: Kemmler et al. (2020). Energieperspektiven 2050+. Szenario ZERO Basis. Bern: Prognos AG, INFRAS AG, TEP Energy GmbH, Ecoplan AG. Im Auftrag des Bundesamts für Energie (BFE).

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